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Milztumor - Ein Todesurteil? Oder ist Vorsorge möglich?

28.07.2012

Von Ralph Rückert, Tierarzt


Milztumore sind nach der Statistik eine der häufigsten Tumorerkrankungen des älter werdenden Hundes. Sie stellen etwa 40 Prozent der Tumore des Bauchraumes. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich bei diesen Tumoren um Hämangiosarkome. Diese gehören zu den bösartigsten Sarkomen beim Hund. Sie metastasieren sehr häufig, das heißt, sie streuen Tochtergeschwülste in andere Organe, und zwar leider oft schon, bevor der eigentliche Tumor entdeckt wird. Die statistische Überlebenszeit bei einem Milz-Hämangiosarkom beträgt nur drei bis vier Monate. Es gibt aber durchaus auch gutartige Umfangsvermehrungen der Milz. Der alarmierende "Bollen" auf dem Foto zum Beispiel stellte sich bei der pathohistologischen Untersuchung als Milzhämatom heraus. Das hätte zwar jederzeit platzen können, mit den entsprechenden Folgen für den Hund, aber nun, nachdem die Milz entfernt wurde, ist dieser Hund aus dem Schneider, weil man bei einem Hämatom natürlich keine Metastasierung fürchten muss.

Bild zur Neuigkeit

Für allgemeine Informationen zur Milz als Organ und zu ihren Aufgaben verweise ich auf den entsprechenden Wikipedia-Artikel.


Für erfahrene Tierärzte ist es ein bekanntes und alarmierendes Bild: Ein Hund von meist über acht Jahren wird plötzlich apathisch, will nicht mehr laufen, hat Bauchweh und grau-weiße anstatt rosige Schleimhäute. Oft kann sich der Besitzer im Nachhinein erinnern, dass der Hund schon seit Wochen, manchmal gar Monaten leistungsschwach und müde gewirkt hat, was leider gern auf das Älterwerden geschoben wird. Das sind die typischen Symptome eines Milztumors, der rupturiert, also geplatzt ist. Dabei tritt Blut in mehr oder weniger großen Mengen in die Bauchhöhle aus, der Hund droht innerlich zu verbluten. Die Diagnose ist anhand der geschilderten Symptome und mit Hilfe des Ultraschall-Gerätes schnell gestellt. Nur eine Notoperation kann in dieser Situation das Leben des Patienten retten. Dabei wird die komplette Milz inklusive des Tumors entfernt (Splenektomie). Dadurch wird natürlich die Blutung sofort gestoppt. Trotzdem sieht die Prognose für diesen Patienten - wie oben schon erwähnt - mehr als düster aus, wenn es sich bei dem Tumor um ein Hämangiosarkom handelt. Durch das Reißen des Tumors und das austretende Blut sind unzählige Tumorzellen in der ganzen Bauchhöhle verteilt worden; der Hund wird also leider mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den nächsten drei bis vier Monaten an Metastasen sterben. Die Operation sollte natürlich trotz dieser schlechten Aussichten auf jeden Fall durchgeführt werden. Die Blutung könnte ja auch von einer gutartigen Veränderung wie dem oben dargestellten Milzhämatom oder einer Milzverletzung verursacht werden.


Anders sieht es dagegen aus, wenn ein Hämangiosarkom entdeckt wird, solange es noch nicht in die Bauchhöhle geblutet hat. Trotz auch dabei sehr hohem Risiko von Metastasen sehen wir doch oft genug Patienten, die die frühzeitige Operation um Jahre überleben. Will man es salopp ausdrücken, hat ein Hund, dessen tumorbefallene Milz entfernt wird, bevor der Tumor blutet, eine Fifty-Fifty-Chance davon zu kommen. Je kleiner der Tumor bei der Diagnosestellung ist, desto besser sind die Aussichten. Bei gutartigen Umfangsvermehrungen ist nach der Splenektomie sowieso alles wieder im grünen Bereich. Wir können daraus folgern, dass Vorsorge durchaus Sinn macht. Bei Hunden über sieben Jahren empfehlen wir deshalb, eine Ultraschall-Untersuchung der Bauchhöhle in den jährlichen Check-Up aufzunehmen und auch ansonsten jede sich bietende Gelegenheit für ein Abdomen-Sono zu nutzen. Bei dem oft rasanten Wachstum von Hämangiosarkomen ist natürlich auch das keine echte Garantie auf frühzeitige Entdeckung, aber eine Chancenverbesserung ist es allemal. Ebenfalls sehr wichtig: Schieben Sie bitte eine allmähliche Leistungsverminderung Ihres Hundes nicht automatisch auf sein fortschreitendes Alter - es könnte ein Milztumor dahinter stecken!


Zusatzinfos:


-Bei Menschen, denen die Milz entfernt werden musste, muss man im weiteren Lebensverlauf von einer deutlich erhöhten Anfälligkeit für schwere bakterielle Infektionen ausgehen. Schließlich ist die Milz ein wichtiges Organ des lymphatischen Systems. Beim Hund scheinen die Folgen einer Splenektomie aber deutlich weniger dramatisch auszufallen oder aufgrund der kürzeren Lebenszeit keine so große Rolle zu spielen wie beim Menschen. Mir ist jedenfalls in den über 30 Jahren meiner praktischen Tätigkeit noch kein Hund untergekommen, der nach einer Splenektomie durch eine bakterielle Infektion in echte Gefahr für Leib und Leben geraten wäre.


-Auch Katzen können natürlich Milztumore bekommen, aber bei weitem seltener als der Hund.


Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr


Ralph Rückert


 


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