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Illegale Importwelpen und die Grenzen der tierärztlichen Schweigepflicht

11.05.2019

Von Ralph Rückert, Tierarzt


Hier mal wieder ein (sehr kurzer) Artikel aus aktuellem Anlass: Gestern wurde mir ein Welpe wegen wiederholtem Erbrechen und eingeschränktem Allgemeinbefinden vorgestellt. Ein kurzes Studium des vorgelegten Impfpasses ergab, dass der allenfalls knapp 8 Wochen alte Zwergspitz aus Bulgarien stammte und nicht gegen Tollwut geimpft war. Außerdem war er sowohl von Endo- als auch von Ektoparasiten befallen, hatte also Würmer und Flöhe. Und er war leicht erkennbar ziemlich krank.


Jetzt nochmal zum Mitschreiben: Ein aus dem Ausland stammender Welpe muss gültig gegen Tollwut geimpft sein. Diese Impfung darf erst erfolgen, wenn der Welpe mindestens 12 Wochen alt ist, und wird 21 Tage später für einen grenzüberschreitenden Transport nach Deutschland gültig. Wie man es also dreht und wendet: Ein Hund aus dem Ausland kann nicht in einem Alter von weniger als 15 Wochen legal nach Deutschland verbracht worden sein! Ich wäre echt dankbar, wenn diese doch eigentlich ziemlich einfache Regel mal endlich bei allen potentiellen Welpenkäufern ankäme!

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Was also tun, wenn einem als Tierarzt so ein Welpe auf den Behandlungstisch gesetzt wird? Gleich vorweg: Sie können sich keineswegs darauf verlassen, dass Sie als frischgebackener Besitzer allemal durch die tierärztliche Schweigepflicht gedeckt wären. Ich habe gestern sofort das Veterinäramt informiert. Eine Amtstierärztin kam ohne Zeitverzug in die Praxis, um sich des Falles anzunehmen. Das Ende vom (traurigen!) Lied: Der kleine Spitz ist - nach viel zu früher Trennung von der Mutter, einem wahrscheinlich sehr erschöpfenden Langstrecken-Transport und ein paar kurzen Tagen in seiner neuen Umgebung - jetzt erstmal für viele Wochen in der Quarantäne gelandet. Was das alles in Summe mit ihm und seiner Psyche anstellen wird, kann man sich ja lebhaft ausmalen. Ein idealer oder auch nur halbwegs guter Start ins Leben schaut auf jeden Fall anders aus. Oder prosaischer ausgedrückt: Mir tut der Welpe furchtbar leid und ich finde das alles wirklich so richtig zum Kotzen!


Aber was soll ich machen? Fakten bleiben Fakten: Der Welpe war nicht geimpft. Er war auch leider absolut nicht gesund. In Bulgarien gibt es nach wie vor Tollwut. Erst im Oktober 2013 wurde bei zwei illegalen Importwelpen aus Bulgarien Tollwut festgestellt. Niemals könnte ich damit leben, wenn ich so einen Fall nicht zur Anzeige bringen und dann tatsächlich was Schreckliches passieren würde. Gesundheit und Leben von Menschen sind für mich nun mal immer und grundsätzlich ein höheres Rechtsgut als ein noch so trauriger Verlauf für ein Haustier.


Also, nochmal: Ein Hund (oder natürlich auch eine Katze) aus dem Ausland (selbst aus Österreich!), kann nur dann legal nach Deutschland gebracht worden sein, wenn er/sie...


- mindestens 15 Wochen alt ist...


- und einen blauen EU-Impfpass...


- und einen Mikrochip hat, dessen Nummer im EU-Impfpass eingetragen ist...


- und vor mindestens 21 Tagen gegen Tollwut geimpft und diese Impfung auch im EU-Impfpass eingetragen wurde.


Alles andere ist Blech und kann ziemlich dramatische Folgen für alle Beteiligten haben. Zwar droht einem als Käufer eines solchen Welpen in der Regel allenfalls ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, aber die vom Veterinäramt angeordnete Quarantäne und medizinische Behandlung des Hundes wird unweigerlich dem Besitzer in Rechnung gestellt und geht so richtig ins Geld! Da hat es sich dann mit Schnäppchen!


Wenn mir jetzt jemand mit dem Vorwurf kommen möchte, dass meine Vorgehensweise im geschilderten Fall (also die Anzeige beim Veterinäramt) dazu führen würde, dass sich Käufer eines illegalen Welpen nicht mehr zum Tierarzt trauen: Das würde ja ganz klar bedeuten, dass so ein Käufer keineswegs in zwar ärgerlicher, aber noch irgendwie nachvollziehbarer Naivität und Uninformiertheit reingefallen ist, sondern er vielmehr ganz bewusst gegen geltende Gesetze verstoßen hat. Ein ehrbarer Mensch wird, wenn er feststellt, dass er unwissentlich etwas falsch gemacht hat, immer bemüht sein, seinen Fehler zu korrigieren, auch wenn das unangenehme Konsequenzen nach sich zieht. Also lasst uns bitte nicht Ei und Huhn verwechseln! Nicht ich als Tierarzt habe die geschilderte Situation herbeigeführt, sondern derjenige, der sich vor dem Erwerb eines Welpen entweder nicht ausreichend informiert oder gar gesetzliche Regelungen bewusst ignoriert hat!


Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr


Ralph Rückert


© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Römerstraße 71, 89077 Ulm


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