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Corona: Jetzt brennt nicht nur das Dach, sondern schon das ganze Haus!

18.11.2021

Von Ralph Rückert, Tierarzt, und Johanne Bernick, Tierärztin


Wir alle, und da nehme ich uns als Praxisteam nicht komplett aus, haben uns nach fast zwei Jahren Auf und Ab in fataler Weise an die Pandemie gewöhnt, und genau dieser Umstand führt uns jetzt in eine unvorstellbar schlimme Notlage. Gestern ist unserem Kollegen, dem RKI-Chef Lothar Wieler, in einer öffentlich übertragenen Video-Schalte endlich der Kragen geplatzt und er hat wirklich mal Klartext geredet und seinen Frust über die Ignoranz der Politik rausplatzen lassen.


Er hat ganz deutlich gesagt, dass von den 50.000 neu Infizierten, die wir genau jetzt täglich sehen, unweigerlich 400 sterben werden, ohne dass sich das noch irgendwie ändern ließe. Er hat auch gesagt, dass die tatsächlichen Zahlen locker zwei- bis dreimal so hoch sein dürften, was bedeutet, dass in Wirklichkeit auch zwei- bis dreimal so viele Menschen unweigerlich sterben werden, ebenfalls wieder, ohne dass wir dagegen noch irgendwas machen könnten. Was er nicht gesagt hat: Seit Anfang November haben wir ein exponentielles Wachstum mit einer Verdopplungsrate von etwa zwei Wochen. Was bedeutet das? Ganz einfach: Werden nicht SOFORT drastische Gegenmaßnahmen eingeleitet, werden wir Mitte Dezember (also in gerade mal drei, vier Wochen) offizielle Neuinfektionszahlen von 150.000 bis 200.000 pro Tag sehen, wieder mit einer zwei- bis dreimal höheren Dunkelziffer. Dann reden wir von rund 1.500 Menschen, die unweigerlich sterben werden, wahrscheinlich aber sogar von viel mehr, weil bei solchen Fallzahlen die Intensivversorgung schon lange zusammengebrochen und eine Case-Fatality-Rate von "nur" 0,8 Prozent dann nicht mehr zu halten sein wird.

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Was da gerade läuft, nämlich der fast schon nicht mehr vermeidbare Aufbau einer bundesweiten "Bergamo-Situation", ist aber nach meinem Gefühl immer noch nicht in der Breite der Bevölkerung angekommen. Wenn ich auf die vergangene Woche zurückblicke, muss ich feststellen, dass vernünftiges (und noch nie angesagteres!) Social-Distancing für viele inzwischen zum Fremdwort geworden zu sein scheint. Nur als Beispiele: Da schütteln doch tatsächlich manche Neukunden verärgert bzw. verständnislos den Kopf, wenn wir darauf bestehen, dass nur EINE Person mit FFP2-Maske pro Tier die Praxis betreten darf! Oder wir nehmen die Besitzerin eines sehr ängstlichen Hundes zu dessen Beruhigung mit ins Sprechzimmer, müssen bei dem Hund eine Blutprobe ziehen, und mittendrin, während ich voll und ganz auf diese Tätigkeit konzentriert bin, berühren die Haare der Besitzerin, die völlig ungehemmt jeden Abstand unterschreitet, tatsächlich mein Gesicht! Man fasst es nicht! Wirklich!


Unser ganzes Team ist schon lange vollständig geimpft, weil wir das nicht nur uns, sondern auch Ihnen, unseren Kunden, einfach schuldig sind. Wir werden demnächst auch alle unseren Booster bekommen. Wir halten uns trotzdem - und leider im Gegensatz zu vielen Leuten, mit denen man dieser Tage so redet - deshalb keineswegs für unverwundbar. Wir haben es nun seit fast zwei Jahren geschafft, einen Einbruch des Virus in unser Team zu vermeiden. Wir MÜSSEN uns auch unbedingt bemühen, dass das weiter so bleibt. Wir gehören im Großraum Ulm/Neu-Ulm zu den Praxen mit der höchsten Fallkapazität. Die tiermedizinische Versorgungslage ist sowieso schon angespannt genug, wie viele von Ihnen bemerkt haben dürften, wenn Sie wegen eines dringenden Termins rumtelefonieren mussten. Es ist niemandem gedient, schon gar nicht den kranken Tieren, wenn sich in den Tierarztpraxen reihenweise Mitarbeiter anstecken und ausfallen.


Deshalb nochmal zur Erinnerung: Es betritt bitte nur eine Person pro Tier das Wartezimmer! Tragen Sie bitte eine FFP2-Maske! Sollten Sie keine FFP2-Maske dabei haben, können wir Ihnen gern eine zum Selbstkostenpreis überlassen. Ob Sie mit Ihrem Tier mit in eines der Behandlungszimmer kommen können, wird je nach Lage des Falls entschieden. Wann immer es aber möglich ist, bitten wir Sie, uns Ihr Tier zur Untersuchung / Behandlung zu übergeben. Halten Sie JEDERZEIT mindestens 1,5 Meter bzw. die berühmten "drei Dackel" Abstand zu allen Mitarbeiter:innen der Praxis! Sollten Sie sich selbst aufgrund von Alter und Vorerkrankungen zu einer Risikogruppe zählen, dann sagen Sie Bescheid, dass Sie da sind, warten aber zum Eigenschutz am besten im Freien oder im Auto.


Es ist uns natürlich völlig bewusst, dass diese (immer noch recht liberalen!) Regelungen nicht allen gefallen werden. Unser Ziel, zum Wohle unserer Patienten dauerhaft einsatzfähig zu bleiben und die Praxis nicht durch Fahrlässigkeit zu einem Verbreitungs-Hotspot werden zu lassen, steht aber für uns deutlich über dem Bemühen, es allen recht zu machen. Von Diskussionen dieser Maßnahmen in der Praxis bitten wir deshalb abzusehen! Wir kommunizieren unsere Regelungen klar und deutlich. Sollten diese für Sie persönlich nicht akzeptabel sein, steht es Ihnen selbstredend frei, sich anderweitig zu orientieren. Der überwältigenden Mehrheit unserer Kunden, die diesbezüglich seit zwei Jahren wunderbar mit uns kooperiert, danken wir erneut von Herzen! Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass wir nicht schon im Dezember zur Durchsetzung einer 2G-Regelung gezwungen werden!


Bleiben Sie uns gewogen, bis bald,


Ihr Ralph Rückert, Ihre Johanne Bernick


 


© Kleintierpraxis Ralph Rückert, Römerstraße 71, 89077 Ulm


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